Das Sechste Lied

[160] 1.

Halt! du schöner Morgenstern/

Bleibe fern/

und du güldne Nacht-Laterne/

Halt der weissen Pferde Lauff

itzund auff;

Steht ein wenig still Ihr Sterne.


2.

Gönne mier die süße Ruh/

Sonne/ Du/

Laß uns doch der Liebe pflegen/

Laß den kühlen Reiff und Tau

Auff der Au

Noch ein wenig unsert wegen.


3.

Ist doch meine Liebste mier

Sonn' und Zier/

Die mich itzund in den Armen/

In den zarten Armen weiß/

Die mein Preiß/

und mich also lässt erwarmen.


4.

und du wunder-schönes Licht

Die ich nicht

Nach der gnüge kan beschreiben/

Laß der hellen Augen schein

bey mier seyn/

Biß der Tag die Nacht wird treiben.[161]


5.

Wie hat mich dein rother Mund

Doch verwundt?

Das zweyfache Schild mich zwinget/

Das vor deinem Hertzen steht

Wie ein Beet/

Da der Liljen Pracht auffspringet.


6.

Ach! entschlage dich ja nicht

Schönes Licht/

Dieser Lust in deiner Jugend/

Brauche deiner Liebligkeit

und der Zeit/

Schadt es doch nicht deiner Tugend.


7.

Laßt uns immer freudig seyn;

Nacht und Wein

Reitzen uns itzund zum lieben;

Dann wann Liebe Nacht und Wein

bey uns seyn/

Kann uns Langmuth nicht betrüben.


Quelle:
Philipp von Zesen: Sämtliche Werke, 17 Bände, Band 1, Berlin/ New York 1970 ff., S. 160-162.
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